29.11.2016. Zur der überraschend untergriffigen und realitätsfernen Antwort des ORF (OTS0193, 29.11.2016) auf die im heutigen Mediengespräch präsentierten Informationen und Schlussfolgerungen hält der VÖP Folgendes fest.

  • Die Argumentation des ORF ist mehrfach unrichtig: Dass der ORF nie behauptet habe, es gäbe eine „Finanzierungslücke“, wird u.a. durch einen Bericht des „Standard“ widerlegt, in dem von der notwendigen „Schließung der verbleibenden Lücke“ berichtet wird. Im Übrigen weist auch die ORF-eigene Finanzvorschau Verluste aus.
  • Unrichtig ist weiters, dass der ORF kein Gebührengeld für den Erwerb ausländischer Produktionen – ob Fiction oder Sport – einsetze, sondern diese ausschließlich über kommerzielle Erlöse finanziere: Aufgrund des für den ORF geltenden Nettokostenprinzips müssen alle kommerziellen Erlöse gegen den Aufwand für die Erfüllung des Programmauftrags gerechnet werden; das verbleibende Delta muss mit Programmentgelt(erhöhungen) finanziert werden. Konkret bezogen z.B. auf die Rechte für die „Champions League“ muss davon ausgegangen werden, dass die vom ORF bezahlten Lizenzkosten deutlich über den Erlöserwartungen aus der Vermarktung dieser Rechte liegen, sohin hier also sehr wohl Gebührenmittel verwendet werden.
  • Weder der VÖP noch einzelne Mitglieder wollen den ORF marginalisieren. Tatsächlich gehen die Einsparungsvorschläge nicht zu Lasten österreichischer Wertschöpfung, sondern sie sollen den Abfluss von ORF-Geldern ins Ausland auf ein vertretbares Maß reduzieren.
  • Die gesetzlich im Fünf-Jahres-Rhythmus vorgesehene Programmentgeltfestsetzung kann theoretisch auch – so wie in Deutschland oder der Schweiz -zu einer Gebührensenkung führen, wenn unter der Maßgabe einer zweckmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Gebarung ein geringeres Programmentgelt erforderlich ist, um den Nettoauftrag des öffentlich-rechtlichen Auftrag zu finanzieren. Eine Erhöhung analog zur Inflation ist nicht zwingend.
  • Dass der VÖP für Fragen der Finanzierung des ORF nicht zuständig sei, ist korrekt. Daher haben sich die heutigen Ausführungen explizit an den zuständigen Stiftungsrat gerichtet, um dessen Entscheidungsgrundlage zu erweitern. Festzuhalten ist allerdings auch, dass sich die Zuständigkeit der KommAustria rein auf die formale Überprüfung (des Verfahrens, der rechnerischen Richtigkeit und der Plausibilität der Finanzannahmen) beschränkt und keine inhaltliche Prüfung der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit, oder gar der Übereinstimmung der Programmplanungen mit dem Programmauftrag beinhaltet.
  • Falsch ist ferner die Behauptung, der VÖP sei ein Lobbyverband deutscher Sender: Vier von insgesamt 17 TV-Mitgliedern sind Fenstersender. In Bezug auf die gesamte Mitgliederbasis des VÖP kommen deutschen Fenstersendern sogar nur 10% der im VÖP vertretenen Stimmrechtsanteile zu. Die Realitätsferne des ORF zeigt sich im Übrigen auch an der vom ORF unseriös in den Raum gestellten Zahl von 570 Millionen Euro, die sich auf Mediabrutto-Zahlen bezieht; die um ein Vielfaches geringeren Nettoumsätze werden zum größten Teil in den österreichischen Produktionsstandort investiert. Tatsächlich zahlt der ORF eine weitaus höhere Summe für Rechte und Lizenzen ins Ausland.
  • Auch im Hinblick auf die Marktverhältnisse ist die Argumentation des ORF unschlüssig: Einerseits behauptet der ORF, rund 60 Prozent des heimischen TV-Zuseher- und -Werbemarktes würden von deutschen und internationalen Medienkonzernen dominiert. Andererseits führt der ORF aus, dass die ORF-Angebote die beliebtesten Programme in Österreich seien und von 98 Prozent des Publikums jede Woche genutzt würden.