10.02.2012. Wenig überraschend hat die KommAustria dem ORF nun also verboten, sendereigene Facebook-Fanpages weiterzubetreiben. Die Entrüstung der Netzgemeinde ist – erwartungsgemäß – groß. Aber ist sie auch berechtigt?

Ein Gastkommentar von Corinna Drumm im Branchenmagazin HORIZONT vom 10.2.2012.

Zunächst muss man festhalten, dass das Urteil der KommAustria auf dem geltenden ORF-Gesetz basiert. (Einem Gesetz, bei dessen Novellierung der ORF übrigens nicht ganz unbeteiligt war.) Gesetzliche Grenzen sind zu respektieren und einzuhalten – das gilt für alle und jeden in diesem Land. Doch der ORF hält davon offenbar wenig: Er hat umgehend angekündigt, eine Gesetzesänderung herbeiführen zu wollen. Was nicht passt, wird passend gemacht?

Dabei ist es unter gewissen Voraussetzungen nicht undenkbar, dem ORF bestimmte Social Media Aktivitäten zu erlauben. Allerdings muss wohlüberlegt sein, was man dem ORF erlaubt, und mit welcher Begründung. Geht es um Themen, die tatsächlich zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags beitragen (wie etwa „Rat auf Draht“), oder um rein kommerzielle Aktivitäten des ORF (wie etwa „Ö3 Clubbings“)?

Womit wir schon beim Kernproblem sind: Aufgabe des ORF ist es nicht, seine Zukunft in der Massenmarktorientierung und Selbstkommerzialisierung zu suchen, um die Wünsche der Werbewirtschaft bestmöglich und umsatzmaximierend zu erfüllen. Vielmehr ist der ORF vor allem den gebührenzahlenden Österreichern und – daraus resultierend – dem öffentlich-rechtlichen Auftrag verpflichtet. Eine stärkere Fokussierung der ORF-Programme auf anspruchsvolle, öffentlich-rechtliche Inhalte und – um diese Ausrichtung zu unterstützen – eine Beschränkung seiner Vermarktungsmöglichkeiten ist daher unausweichlich.

Denen, die nun sogleich mit dem Vorwurf der ORF-Zerstörung in der Tür stehen, sei entgegen gehalten: Niemand will den ORF abschaffen. So kurzsichtig ist in diesem Land wirklich kein (vernünftiger) Mensch. Allerdings gibt es eine Reihe von Organisationen, die auf das Privileg von fast 600 Millionen Euro an staatlicher Förderung verzichten müssen, die aber trotzdem im gleichen Markt überleben und dabei mindestens so gute Leistungen anbieten wollen. Daher ist es unverzichtbar, die Marktdominanz des ORF zu beschränken. Andernfalls ist fairer Wettbewerb unmöglich.

Wenn man nun also über eine Änderung des ORF-Gesetzes nachdenkt, dann sollte man nicht nur Facebook vor Augen haben. Vielmehr muss man sich über den eigentlichen Sinn von öffentlich-rechtlichem Rundfunk – und damit die Legitimation für die Belastung der Österreicher mit 600 Millionen – im Klaren sein. Dass der öffentlich-rechtliche Auftrag mit zunehmender Kommerzialisierung im eklatanten Widerspruch steht, wird dabei wohl jedem ehrlich verantwortungsvollen Politiker einleuchten.