12.10.2016. Vor dem Hintergrund des angekündigten Antrags der ORF-Geschäftsführung auf eine Erhöhung der GIS-Gebühren haben der Vorsitzende des VÖP, Dr. Ernst Swoboda (KRONEHIT), und dessen Stellvertreter, Mag. Markus Breitenecker (PULS 4), im heutigen Mediengespräch des VÖP ihre Überlegungen zu diesem Thema dargelegt.

Swoboda ging zunächst auf die Ausgangslage ein. Der ORF-Generaldirektor hatte angekündigt, die ORF-Gebühren um mehrere Prozent erhöhen zu wollen und zur scheinbaren Untermauerung dieser Forderung eine Finanzvorschau vorgelegt, die – trotz deutlich Mehreinnahmen aus Programmentgelten – mittelfristig ein negatives Ergebnis auswies. Als Argumente hatte er dabei angebliche Kostensteigerungen und die Abgeltung einer allgemeinen Inflation angeführt. Politische Stakeholder – vom Bundesminister (SPÖ) über Vertreter von ÖVP und NEOS bis zur FPÖ – hätten sich dieser Forderung gegenüber bisher jedoch durchweg ablehnend gezeigt.

Das jetzige System der ORF-Finanzierung sei wohl verfassungswidrig, so Swoboda mit Blick auf ein in Richtung VfGH laufendes Verfahren. Überdies führe die jetzige Form der GIS-Gebühren zu unfairen Belastungen für diejenigen, die GIS-Gebühren zahlten und damit indirekt die Streaming-User und die Schwarzseher mitfinanzierten. Die Einführung einer allgemeinen haushaltsbezogenen Abgabe würde umgehend für Fairness sorgen. Darüber hinaus könnte durch Umlegen der Gesamtsumme auf alle Haushalte die Belastung für jeden einzelnen Zahler gesenkt werden. Diese Modelle lägen seit mehreren Jahren auf dem Tisch, so Swoboda. Dass der ORF bisher nicht bereit war, sich damit zu befassen, müsse ihm selbst angelastet werden, nicht jedoch den GebührenzahlerInnen. Es gebe, so Swoboda, zahlreiche Gründe für eine Gebührensenkung.

Der Regulierungsexperte und Berater Dr. Alexander Zuser führte in diesem Zusammenhang aus, dass die Rundfunkgebühren in Österreich zu den absolut höchsten in Europa gehörten. Zuser zitierte in diesem Zusammenhang die Ergebnisse einer Studie der Publicom im Auftrag der Schweizer Medienkommission, die die tatsächliche, kaufkraftbereinigte Gebührenhöhe pro Kunde verglichen hat. Aktualisiert man diese Werte, so sind die Rundfunkgebühren in Österreich aktuell die höchsten in ganz Europa – und damit sogar höher als jene in der Schweiz oder in Deutschland. Berücksichtigt man in dieser Betrachtung auch bereits geplante Gebührenänderungen (Senkung in der Schweiz und Deutschland bzw. Erhöhung in Österreich), so vergrößert sich der Gebührenabstand zwischen Österreich und der Schweiz auf mehr als 30%, gegenüber Deutschland sogar auf mehr als 40%.

Breitenecker sprach sodann die Rolle des ORF-Stiftungsrats in diesem Zusammenhang an: Das wichtigste Entscheidungskriterium für die Mitglieder des Stiftungsrats bestehe darin, dass das Programmentgelt nur zur Abdeckung der Nettokosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags, basierend auf den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit, festgelegt würde. Der ungezügelte Einkauf von kommerziellen Premiumrechten sowohl im Bereich von Sportübertragungen, als auch bei fiktionalen Filmen und Serien, hielte dieser Überprüfung nicht stand, so Breitenecker.

Swoboda fuhr fort, dass zahlreiche weitere Gründe gegen eine Gebührenerhöhung sprächen. So seien die von der ORF-Geschäftsführung ins Treffen geführten Kostensteigerungen weder plausibel noch angemessen und viele, zum Teil offensichtliche Sparpotenziale würden nicht genutzt. Mit Nachdruck forderte Swoboda daher eine Diskussion darüber ein, welche der geplanten Ausgaben tatsächlich erforderlich seien, und stellte etwa das hohe Ausmaß an ORF-Imagewerbung ohne jeglichen informativen Charakter oder die ausufernden Exklusivvereinbarungen mit diversen Veranstaltern in Frage. Aus Sicht von Swoboda müsse der ORF-Stiftungsrat daher eine Senkung der GIS-Gebühren oder zumindest ein Einfrieren auf dem derzeitigen Niveau fordern.

> Download: „Factsheet – Rundfunkgebühren – Internationaler Vergleich“